Wer kennt ihn nicht, diesen
Wunsch nach Veränderung, aber mit einer neuen Haarfarbe ist es nicht getan. In
Hollywood bestellt man sich in diesem Fall ein neues Gesicht – also in der
Regel trinkt man dafür einfach nur "ganz viel Wasser" – und spielt
das Spiel "Wer war ich einmal" mit seiner Umgebung. Ob es die
ersehnte Befriedigung bringt, weiß ich nicht, da müsste ich schnell einmal bei
Uma nachfragen. Immerhin wird man eine kurze Zeit für einen anderen Menschen
gehalten, ein Bedürfnis, das einen nicht nur als Hollywoodgröße plagt. Oder
haben Sie schon einmal einen Neuanfang in Wien probiert? Da kann man sich auch
nur entscheiden, ob man die Wohnung nie wieder verlassen oder sich bis zur
Unkenntlichkeit umzugestalten möchte. Es ist eben so: Veränderung auszurufen
ist nicht schwer, Veränderung umzusetzen dagegen sehr. Und das alles nur, weil
die Umgebung so gar keine Lust hat auf das veränderungswütige Individuum. Wieso
auch, es war doch bisher alles gut so wie es war. In einer Stadt, wo man noch
bis 1998 bei Staatsempfängen von den kaiserlichen Gedecken gespeist hat, darf
man ohnehin in Sachen "Veränderungsbegeisterung" nicht zu viel
erwarten.
Berechtigterweise könnten
Sie jetzt einwenden, dass man sich selbst sowieso nie entkommen könne, selbst
mit einem neuem Gesicht nicht. Es im Grunde also nicht um die Veränderung der
Umgebung oder der Fassade geht, sondern um das innerste Innere. Genau, es geht
um die "richtige Haltung". Das zumindest machen uns Lebensratgeber
und sonstige Quellen, die mit "guten Ratschlägen" nicht geizen,
unmissverständlich klar. Wenn wir nur wollen, können wir aus jeder Tasse
schlechten Kaffee einen ultimativen Genuss machen und in Steinwüsten blühende
Landschaften sehen. Bis einem dann mal während eines Schneesturms die Füße einfrieren,
weil man sich Strand und Meer vorgestellt hat und zu spät bemerkt, dass das
kein Sand ist zwischen den nackten Zehen. Am Ende weiß man, Imagination allein
reicht eben doch nicht aus und sogar die "richtigste Haltung" kann
auch zu Haltungsschäden führen.
Seitdem ich erst vor Kurzem
einem weiteren Mann mit Babywagen, samt frischem Inhalt, in die Arme lief, der
doch die längste Zeit seines Lebens kategorisch eigene Kinder ablehnte, bis zu
diesem schicksalhaften Beziehungswechsel, ja spätestens seitdem weiß ich, der
Mensch steckt voller ungeahnter Überraschungen. Vor allem dann, wenn sich etwas
in seinem Leben ändert.
Bliebe noch die Frage zu klären, ob sich erst
der Geist verändert und dann die Umgebung oder erst die veränderten Umstände
den Geist, aber wen interessiert das wirklich? Sicher ist doch, dass wir
uns so oder so nicht drücken können vor der Veränderung. Oder um es mit Worten
aus meiner Pathos-Mottenkiste zu sagen: Leben ist Veränderung. Die gute
Nachricht dabei ist, dass wir uns im Laufe des Lebens noch häufiger selber
werden überraschen können, so festgefahren sind wir nämlich gar nicht. Die
weniger gute ist vielleicht, dass man das Neue seltener im Alten wird finden
können. Und das Alte weniger begeistert sein wird über den "überraschenden"
Sinneswandel und gerne die Enttäuschung darüber als sichtbare Leuchtreklame mit
sich herumträgt. Aber was soll's, die Thurman muss da jetzt mit ihrem neuen
"mühelosen Pariser Chic" auch durch. Sometimes change is everything.
(Dieser Text ist im Option Magazin erschienen)
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