"Die Liebe kann nichts falsch machen" * – Männer mitte Dreißig werden nicht unbedingt einfacher. Aber Jünglinge sind auch keine Lösung.
"Ich bin zu haben!" |
Woran merkt man, dass man älter wird? Die Herren, die morgens neben einem aufwachen, sind über 30 (sollten Sie gedacht haben, weil alle um einen herum heiraten und/oder Kinder bekommen - nein das kann man lange Zeit gut ignorieren. Kinder sind und bleiben für mich ein Gerücht, von dem ich bereits einmal gehört habe, aber ich gebe wenig auf Gerüchte).
Natürlich
ist ab und zu schon noch ein junger Mann von sagen wir einmal 23
darunter, aber immer öfter stellen sich im Angesicht der Jugend dann von
alleine Fragen ein wie: Bin ich jetzt für ihn eher die ältere Schwester
oder bereits die reifere Dame mit Erfahrungsbonus? Gefolgt von der
Erkenntnis, dass es wohl langsam Zeit wird von den Studentenparties
Abschied zu nehmen. Aber noch ist es nicht soweit.
Abgesehen
davon, dass jüngere Männer stets im Trend liegen (zu welcher Zeit war
der "Jüngling mit lockigem Haar" denn nicht begehrt?), sie haben
durchaus ihre Vorteile. Denn bei Männern über 30 fangen Sätze schon mal
mit "Mein Therapeut sagt…" an (wobei es sehr zu begrüßen ist, wenn ein
Therapeut aufgesucht wird) oder die Geschichten über die Ex-Freundin
nehmen einen großen Teil der Gespräche ein (meist wenn kein Therapeut
aufgesucht wird).
Sicher aber ist, dass sie sich in ihrem
Junggesellendasein und ihren Junggesellenwohnungen gut eingerichtet
haben (eine Raumpflegerin haben sie by the way alle, auch wenn sich die
Wohnungsgröße seit ihrer Studentenzeit oft nicht verändert hat), das
Wiedereinstellen auf eine Beziehung (Stichwort "Kommunikation") schwer
fällt, sie sich auf keinen Fall mehr ändern wollen, Kinder entweder
sofort oder nie gewollt werden (könnte Frau sich dazu bitte gleich
äußern), entweder gleich oder nie geheiratet werden soll und entweder
sofort oder nie eine Beziehung eingegangen werden will. Die Zeit ist
knapp, bitte Vertrag unterschreiben. Danke.
Frau bekommt
da leichte Panik und schaut fragend in den Spiegel: Wie viele Jahre
bleiben noch bis dieser Wahnsinn bei einem selber einsetzt?
Was
ist, wenn man sich bei Babyshowerparties an die einzige Sektflasche
klammert, um sie zu verteidigen, obwohl niemand davon trinken möchte?
Ist
es die Angst vor der Entscheidung für ein Lebenskonzept, die einem im
Nacken sitzt und wie ein Damoklesschwert ständig über einem schwebt? Nur
wissen wir, dass bei uns das Rosshaar einmal reißen wird und wir
irgendwann Stellung beziehen müssen. Auf Dauer kann man nicht die große
Schwester sein und ein Konzept muss her. Als müssten wir nicht ständig
Konzepte bereithalten, für alles, spontan, knackig, humorvoll, präzise
und mit Zeit- und Budgetplan. Ich bin für konzeptlose Liebe! Bitte.
Es gab eine Zeit, da hat das Wünschen noch geholfen...
Lesestoff - Gesellschaftsanalyse: Sven Hillenkamp "Das Ende der Liebe. Gefühle im Zeitalter unendlicher Freiheit.", Klett-Cotta.
Lesestoff - Ein "Das-müssen-Sie-gelesen-haben": Alain Badiou "Lob der Liebe", Passagen Verlag.
Film: "The Lady from Shanghai" (1947) von Orson Welles. Der
Mann besiegt gemeinhin seine Angst vor der Frau einerseits durch
Fetischierung der Frau und andererseits in dem er ihr Rätsel löst, sie
entmystifiziert und bestraft. "The Lady from Shanghai" führt uns
konsequent die Frau als Urgrund des Bösen vor und dafür wird sie
vernichtet. Sehenswert!
*Peter Handke (litertur/a, Jahrbuch 2010/11, Ritter)