Saif al-Islam al-Gaddafi – oder: Gestatten, der illustre Kreis meiner Verehrer

Die Nächte in Wien halten viele Begegnungen bereit, von sonderbar bis wunderbar...
Falter vom 23.02.2011 mit Papa-Gaddafi (auf dem Cover)
und mir (auf S.31)
"All the world's a stage, and all the men and women merely players" aus Shakespeares As you Like It war mir stets Lebensmotto und doch habe ich es noch nie so eindrücklich umgesetzt gesehen wie in Wien. Keiner beherrscht eben die Kunst der theatralen Inszenierung mit dieser ausgesprochenen Finesse und immerwährendem Ehrgeiz wie die Katholiken!
Wunderliche Begegnungen, die gibt es für mich im Grunde nicht, ich würde sonst ja aus dem Sich-Wundern gar nicht mehr herauskommen. Ich staune vielmehr und stehe mit großen Augen vor dem Weltentheater, das sich jeden Tag bemüht die Vorstellung noch einmal imposanter zu gestalten.

Manch einer dieser Vorstellungen ist, auf der Nebenbühne Wien, aber dann doch gar zu wunderlich, manch einer der Protagonisten ein bekannter Schauspieler, der tatsächlich eine der, wenn man so möchte, großen Rollen ergattert hat, so wie Seif al-Islam al-Gaddafi.
Sein Auftritt? Kurz und formvollendet. Die Bühne klein und alkohollastig. Die Nacht war schon alt, als Monsieur sich vor mir aufbaute und seinen Monolog vortrug: "Ich habe Sie schon 14 mal gesehen, Sie sind die schönste Frau der Welt, der Mund ist perfekt, die Augen…".
Während ich rot wurde (man hat mir mehrfach versichert, dass ich das nicht könne und im Grunde ist es auch eine wohlmeinende Übertreibung, sehen Sie es mit einem Augenzwinkern. Denn selbstverständlich behält Frau in solchen Situationen die Contenance.) stand meine Begleitung mit gezücktem iPhone neben mir und googelte im Wettstreit um die Zeit, ob nicht, das muss doch, das ist er! – da war der Monolog auch schon zu Ende, ich bedankte mich artig, er verabschiedete sich artig und neben mir hüpften zwei Menschen aufgeregt hin und her und beteuerten mit glänzenden Augen, dass ich jetzt den Sohn von Gaddafi kennen würde.

Nun gut, so war das also, damals, noch lange vor den Aufständen. Aber warum auch nicht, in Wien trifft man sie alle, oder etwa nicht?
By the way, wir haben beide am selben Tag Geburtstag. Das Sterbedatum werden wir uns vermutlich aber nicht teilen. "Gott ist ein Komödiant, der vor einem Publikum spielt, das zu ängstlich zum Lachen ist." Voltaire und ich lachen.