Und nun alle zusammen bitte! – oder: Vom Gesang der Rückgratlosigkeit

Für welche Karriere sind die heutigen Männer vortrefflich geeignet? Genau, sie werden das beste männliche weibliche Laufstegmodel. Sie sind die perfekte Frau!

Wer zuletzt lacht… ©Christoph Dietrich
Vorgestern saß ich mit einem sehr erfolgreichen österreichischen Unternehmer zusammen. Er ist geschätzte 35 Jahre älter als ich und leitete das Gespräch mit den üblichen Bewunderungsbekundungen ein, um dann zu dem Schluss zu kommen, dass er mich aber nicht beneiden würde. Starke Frauen haben es heute nicht leicht mit den Männern. Und er hat recht. Um Spekulationen erst gar nicht aufkommen zu lassen, er hat eine bezaubernde Lebensgefährtin!

Seit Tagen häufen sich in meinem Postfach Artikel zum Thema "der verweichlichte Mann", die ich von Frauen und Männern gleichermaßen zugesendet bekam, die ich aber erst einmal ignorierte, denn für was lesen, wenn man jeden Abend das Schauspiel doch live erleben kann? Zudem bin ich häufig auch Teil der Aufführung und trage mittlerweile routiniert meinen großen Belehrungs- und Abschiedsmonolog zum Thema "Beziehungs- und sonstige Unfähigkeiten" vor, der nur mehr in Daten und Namen variiert. 

Ich kann mich selbst eigentlich dabei nicht mehr hören, ich bin von meiner eigenen redundanten Aufführung gelangweilt und werde jedes Mal von einer leichten Übelkeit der Seele übermannt, wenn diese Männer, die aussehen wie ein angeschossener Hund, gefangen in ihren ambivalenten Gefühlen, verziehrt mit einer Menge schlechtem Gewissen – sie werden einen auch in Zukunft mit Küsschen auf die Wange begrüßen und dabei aussehen, als hätte sie gerade jemand geschlagen – vor mir sitzen.
Ob ich einen Psychologen mitnehmen sollte, für ihre Erstversorgung? Ich weiß es nicht genau. Vielleicht sollte man ja auch einfach grundsätzlich anfangen zu schweigen. Verstehen will es doch sowieso niemand mehr, obwohl mir zugesichert wurde, es gebe immer eine ganz einfache Erklärung, die nur niemand aussprechen wolle. Spekulation überlasse ich den Börsianern, ich halte meine Monologe. Immerhin lerne ich eine Menge Restaurants kennen, vielleicht sollte ich nebenberuflich Restauranttesterin werden. Man muss immer das Beste aus der Situation machen, das Leben ist zu kurz für zu viel Ernsthaftigkeit.

Dass der Unternehmer mir am Ende den Rat mitgab, mich doch an ältere Herren zu wenden, also so ab Fünfzig, würde sich dann mit den beschriebenen Beobachtungen aus den zahlreichen Essays decken. Wieso eigentlich setzt niemand auf die neue Generation? Was ist mit den unbelasteten Zwanzigährigen? Immerhin leben Frauen doch sowieso viel länger als Männer. Zudem haben sie auch noch eine große Leidenschaft für den interkörperlichen Kontakt. Ich setze auf die Jugend…und den Humor. 
Allgemein gibt es eigentlich nur eines zu fordern, von Männern und Frauen: Legen Sie sich eine Haltung zu, Sie sind ein Wirbeltier!