Das moralische Dilemma der Zwischenzustände – oder: Wann ist ein Zuviel ein Zuviel?

Wenn man keine Dates mehr hätte, müsste man ja ziemlich viel Zeit haben, für hm, die wirklich wichtigen Dinge natürlich! Wobei, mir würden ja die kulinarischen Ausflüge fehlen und das Herumhängen in Bars und überhaupt: Datelosigkeit ist langweilig oder „fad“ wie der Österreicher sagen würde. War sowieso nur eine theoretische Überlegung. Es ist (fast) Frühling, wer denkt da schon an solche Dinge?

Wartend in Wien… ©Christoph Dietrich
Tja, die Frau ohne Moral, aber mit Skrupeln – oder ist es umgekehrt?, sitzt in einem moralischem Dilemma!
Moral klingt für mich ja sehr nach „Professor Unrat“ und seinem tragischen Untergang, nach Zeigefinger, dem Satz "Das gehört sich nicht!" und verbotenen Spitzendessous. Also irgendwie verstaubt, auf jeden Fall aber, darauf können wir uns wohl einigen, ist sie meist ein Spaßhemmer.

Beim Thema Mann und der Frage, wie viele Frau gleichzeitig daten darf, ist das aber so eine Sache. Sollte Frau es "amerikanisch" sehen und einfach daten, bis jemand eben die Exklusivklausel einfordert (dann allerdings folgt in Amerika auch sehr bald die Heirat), statt die europäische Variante zu fahren, die Exklusivität quasi vom ersten Kuss an wie selbstverständlich einfordert, nein unausgesprochen voraussetzt? Es gibt da noch die österreichische Variante, die erst einmal gar nichts einfordert, weil alle Panik haben, dass man sich dann auf ewig binden müsse – kurz: nur nicht Farbe bekennen! Ich bin zu ungeduldig für diese Variante, auch wenn ich sehr davon überzeugt bin, fünf Stunden in Kaffeehäusern zu sitzen, gerne auch acht, also das Leben mal so zu vertrödeln, aber Männer, die grundsätzlich Angst vor Plänen und Festlegung haben und nur nach dem "Schauen wir mal"-Prinzip leben, sind Zeitfresser. Das klingt rigoros. Ist es auch.

Wie viele Männer darf man gleichzeitig daten? Diese Frage habe ich mich nie gefragt, aber sie wurde neulich an mich herangetragen und ich wusste zunächst keine Antwort darauf. Außer die, dass ich ja für Aktionismus bin und es eine Menge "Schmerzensmänner" u.ä. gibt, die eben für alles ewig brauchen, oder es eben nie schaffen werden, da wäre es doch sehr lebensfreudeberaubend, nicht nebenher andere Männer zu treffen – so lange Sie sich alle Namen und Gesprächsinhalte merken können, Sie haben auch Verpflichtungen, so einfach ist das nicht.  
"Was mir ein anderer auch verspricht, das interessiert mich wirklich nicht, weil für eine Frau, die wahrhaft liebt, es nur den einen gibt…" singt das "alte Reibeisen" Zarah Leander und ich gebe ihr ja auch recht, in gewisser Weise. Weiß der Mann aber noch nicht, ob er die Frau auch tatsächlich liebt, dann sind die Bedingungen schon wieder ganz andere. Klar, es geht immer um diese Zwischenphasen. Soll Frau sich jetzt reservieren, bis Mann sich entscheidet? Soll sie einfach weiter daten oder zwischenzeitlich ein Kloster aufsuchen, die Wohnung nicht mehr verlassen?

Männer machen ja schnell mal einen Besitzanspruch geltend, sind aber im Gegenzug dafür genauso selten bereit, sich selbst festzulegen. Also es ist so: Frau darf nicht mit anderen Männern flirten und was sie sonst noch möchte, obwohl sich Mann nicht zu ihr bekennen möchte. Was stimmt an diesem Bild nicht? 
Bei mir sind Männer vor allem immer gerne eines: eifersüchtig, zu mehr sind sie dann aber eher nicht mehr fähig. Sollen sie wirklich einmal einstehen für ihre vollmundigen Versprechen und Liebesbekundungen, können die Kellner und ich regelmäßig dabei zusehen, wie sie kapitulieren. Vielleicht sollte ich ihre Eier in Gläsern und Formalin eingelegt sammeln und ich mache eine Bar auf, mit einer Wand dieser Sammlung, von hinten angeleuchtet. Stellen Sie sich das vor, das wäre doch grandios! Stattdessen lasse ich sie ziehen, samt Eiern und mit ihrem schlechten Gewissen. Wer führt nur bei diesen Theaterstücken die Regie? Ich langweile mich zu Tode! "Das ist unter dem Arsch von einem Frosch", wie der Ungar dazu sagen würde. Also bleibe ich dabei, ja nicht zu schnell aus dem Karussell aussteigen, in der Hitze des Gefechts wird vieles behauptet und später wieder vergessen. Und wie man mir gestern in einer Herrenrunde versicherte: Die Frau sei ja grundsätzlich unmoralisch, weshalb sie für die Männer ja auch so gefährlich sei – naja, dann gibt es doch kein Halten mehr! 

Debatte: Die Diskussion ist eröffnet! Mit ihrem Artikel "Die Schmerzensmänner" (Lesen) hat 
Nina Pauer eine Debatte losgetreten, die zu einem Ping-Pong-Spiel geworden ist. Ein kleiner Eindruck, den man aber auch ignorieren kann. Gehen Sie lieber raus und genießen Sie die Sonne und das Flirten:
Erwähnt: "Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen" von Heinrich Mann, 1905.
Zitiert: Aus dem Lied "Ich sag´ nicht ja, ich sag´ nicht nein" gesungen von Zarah Leander im Film "Der Weg ins Freie", 1941.