September Misery

Wir haben es wieder einmal überstanden, hoffentlich unversehrt, das Sommerloch! Das Leben kehrt zurück.

"Ich bin jetzt schon over-give-awayed und champagnerverdrossen und der Monat ist noch lange nicht vorbei. Aber immerhin entfällt jeden Abend das Kochen." Willkommen im September! Ich weiß ja nicht, was Sie so getrieben haben in der vergangenen Zeit, aber ich spielte der letzte Mohikaner und blieb in der Stadt, während Restwien in Kroatien oder in den Sommerfrischehäusern weilte. Im August liegt "das absterbende Riesendorf" im Kollektivurlaub und arbeitet geschlossen nicht. Sogar Hotelbars haben zu und Dates sind äußerst schwer zu arrangieren, kurz, es ist unglaublich langweilig. Zur Ablenkung hüpfte ich hitchockgleich durch zwei Filme und stand einem Maler Modell. Ich hatte wie immer die Befürchtung die Lethargie würde ewig andauern, nichts würde mehr passieren und ich an Müßiggang zu Grunde gehen. Deshalb vorsichtshalber lieber einmal alle Projekte annehmen und besonders die, die in die Kategorie "Unsterblichkeit, wir arbeiten dran" und "Das Leben ist ein einziger Kampf gegen die eigene Bedeutungslosigkeit" fielen. Meine Sorgen waren selbstverständlich völlig umsonst.

Das Freuen auf den September fängt bei mir bereits im Juli an. Der September ist für mich immer der Beginn des neuen Jahres, also bei mir ist jetzt schon 2013 und ich kann Ihnen sagen, die Welt ist noch da. Ich habe elegant den 21. Dezember übersprungen, falls Sie es auch ins Jahr 2013 schaffen sollten, können Sie mir ja davon erzählen, wie es ist einen Weltuntergang überlebt zu haben. Trotz allem trifft mich der September jedes Mal aufs Neue total unvorbereitet. Ja, es wird mir wieder unmöglich sein alle Einladungen zu Veranstaltungen, Festen und Eröffnungen wahrzunehmen. Die Wochen bestehen aus einem ständigen Abwägen, wo man hingehen sollte oder gar muss und was man verschieben könnte. Das Antiaugenringe-Programm, jedes Jahr aufs Neue schriftlich ausgearbeitet, wird wie immer bereits am zweiten Abend verworfen und der Versuch auf jeden Fall immer drei Veranstaltungen pro Abend zu schaffen, scheitert ebenfalls stets erfolgreich. Man bleibt einfach spätestens am zweiten Ort hängen. Die Nächte, so ist zu konstatieren, sind einfach zu kurz. Der September sollte auf zwei Monate aufgeteilt werden. 

Natürlich könnte man den ganzen Zirkus auch getrost ignorieren, wäre da nicht die Angst bald vergessen zu werden und etwas zu verpassen. Ersterem könnte ich ja einfach damit entgegenwirken, in dem ich ein paar Praktikantinnen engagiere, die mit Perücke ausgestattet meine Frisur zu Markte tragen. So könnte ich zudem noch an mehreren Orte gleichzeitig präsent sein und ich selbst faul in einem bemannten Bett ruhen und die Welt Welt sein lassen. Wir haben ja längst gelernt, Outsourcing ist das A und O. Alles selber machen zu wollen ist rein gar nicht zielführend.


Letzteres wäre damit aber noch nicht gelöst, denn in Wien regnet es immer dann Sensationen, wenn man nicht unterwegs ist. Ja, auf einmal passieren weltbewegende Dinge. Naja sagen wir einmal kleine Dinge, die die Wiener Kosmen bewegen. Max Raabe steht allein an der Bar im Wirr, genau dann, wenn man einmal um 23 Uhr zu Bett geht. So etwas bewegt meinen Kosmos und ich beiße mich in den Hintern. Die Partys sind immer dann besonders aufregend, wenn man nicht dabei war und stellen Sie sich vor, wie viele verpasste Chancen? Auf was ist eigentlich zweitrangig, es könnte immer etwas sein, soviel ist sicher. Ich versuche mich zwischenzeitlich mit dem Mantra "Gott würfelt nicht" zu beruhigen, also alles kommt wie es kommen muss. Nächstes Jahr ist auch noch ein Jahr. Richtig Priorisieren ist eine hohe Kunst, die man erlernen sollte. Ich sage das Männern im Zusammenhang mit mir auch immer. No risk, no fun.

Notizen…
Artikel: „Die Freigeister“. Zum Thema wie man es richtig macht mitdem Outsourcing und der Automatisierung. Erschienen im brand eins 08/2012 "Nichtstun". Lesen
Artikel: „Hauptsache undNebenwege“. Über das Setzen unddas Ordnen der Welt nach Prioritäten. Erschienen im brand eins 03/2012"Relevanz". Lesen
Ausstellung: "Entscheiden. EineAusstellung über das Leben im Supermarkt der Möglichkeiten." 15.09.2012 -30.06.2013, Stapferhaus. Info
Beitrag über die Ausstellung in der Mediathek von 3Sat.Ansehen 
Buchtipp: "Wien: Hinweise zum Umgang mit einer alten Seele", Ernst Molden. 
Buchtipp: "Der Wind ist ein Wiener", Helmut Schödel. 
Ausstellungskatalog: "Wien im Film", Wien Museum. Sehr sehenswert! Info 
Filmtipp: "Bellaria – so lange wirleben". Ein Dokumentarfilm von Douglas Wolfsperger aus dem Jahr 2001 über das Wiener Bellaria Kino und seine StammbesucherInnen. Trailer
Zitiert: Franz Kafka

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