Miras Sudelbuch: September 2012

Die Misere des Sommers ist doch einfach jedes Jahr, dass alle so wenig anhaben und dass man es muss.

Der Papst und ich schauen gelassen dem Herbst entgegen. Vor allem freuen wir uns über die kühleren Temperaturen. Wir sind nun einmal inbrünstige Vieltextilträgermenschen und deshalb liegt unsere Passion ganz klar bei den kühleren Jahreszeiten. Zudem sind wir uns einig, wieso viel variieren, wenn man sich doch auch auf eine Farbe und einen Style festlegen kann? Man spart so morgens eine Menge Zeit. Was bitte ist denn schon Mode? Weltlicher Firlefanz! Andere mögen nun aufgeregt durch die Gegend hetzen, weil sie ihren Kleiderschrank trendbewusst neu befüllen müssen, wir nicht. Wir haben ausgesorgt, ein Leben lang möchte ich fast sagen, wir werden einfach nie unmodern. Ach, wie haben wir das geschickt angestellt, das muss man uns schon lassen. 

Allerdings halte ich die unbefleckte Empfängnis für ein anfechtbares Gerücht, auf das ich mich vorsichtshalber nicht verlasse und lehne folgerichtig Textillosigkeit nicht per se ab. Temporär ist sie gerne gesehen. Ich helfe Männern bei passender Gelegenheit das ganze Jahr über mit großer Begeisterung aus ihrer Kleidung, vor allem wenn es Hemden sind. Behemdete Männer sind ein kleiner Fetisch von mir. Um jemanden freudvoll entkleiden zu können, muss er allerdings erst einmal etwas anhaben. Im Sommer verlangen die Temperaturen aber das Ablegen von überflüssigem Ballast und ich kann mich so gar nicht mehr austoben in dieser semi-textilen Welt. Um eine kurze Hose wirklich lustvoll aufzuknöpfen, brauche ich die kräftige Unterstützung von Schaumwein. Alkohol und schwüle Wetterlagen schaffen es dann, dass ich einfach die mir fehlenden langen Hosenbeine imaginiere. An FKK-Stränden bräuchte ich dazu allerdings schon einen ganzen Weinkeller. Hier sehe ich mich mit meiner eigenen Arbeitslosigkeit so hart konfrontiert, dass es mich stets zutiefst erschaudern lässt. Außerdem, in der Vogue abgedruckt würde ich die Intimpircings und neusten Kurzhaarfrisuren für die untere Hälfte der Dame oder des Herren von Heute auf jeden Fall immer mit größerer Hingabe betrachten, als in freier Wildbahn. Schon allein der perfekten Ausleuchtung wegen. Tageslicht kann sehr sehr grausam sein. Noch grausamer sind aber definitiv diese ganzen Unverpackten. Ich bin im Herzen Kind, das Auspacken hatte schon immer den größeren Reiz, als das Geschenk an sich.

Für mich brechen jetzt also die lustvollen, wenn auch fantasieärmeren, Zeiten an. Anderen mag es genau andersherum ergehen, sie müssen sich jetzt eine Menge hinzu-, nein, wegdenken. Tja, jeder hat eben so seine Eigenheiten. Und es ist ja nicht so, dass der Papst nicht auch etwas Textillosigkeit nett finden würde, so lange sie zweidimensional bleibt. Zumindest sieht man in seiner Nähe dreidimensionale Leichtbekleidete nur leidend an ein Kreuz gehängt. Ich hätte sie einfach angezogen. Zum Beispiel mit Stücken aus der neuen Herbst-/Winterkollektion von Armani. Madonna! Armani versteht etwas von Textil-Sex!