Gebt den Männern Puppen!

Menschen, die Beziehungen führen, ohne sie zu führen, nenne ich Beziehungsveganer. Die Avantgarde. Fragezeichen.

"Die angenehmste Freundin, die ich je hatte, war eine Heroinabhängige. Die wollte nichts, nicht einmal Sex. Das war mir die Liebste." Wer im Kielwasser der Künstlerkreise schwimmt, ist über solche Äußerungen bei Wein und Plausch zur Eröffnung, Schließung, Begrüßung, Abschied von Irgendetwas irgendwo mit vielen anderen, die irgendetwas sind, wenig irritiert. Viel mehr quittiert man es für gewöhnlich mit einem gelangweilten "Ach ja? Wie interessant." Künstler sind nun einmal tendenziell eher beziehungsvegan veranlagt. Wobei "vegan" hier nicht heißt, dass man keine tierischen Produkte essen würde, man isst sie, aber kotzt sie einfach danach wieder aus. Heißt, man führt Beziehungen, ohne sie zu führen.

Zwei Tage später, auf einer dieser zahlreichen Magazin-Release-Partys. Journalist im kritischen Alter. "Weißt du Mira, getrennte Wohnungen sind das A und O. Überhaupt ist es noch viel besser, wenn man in getrennten Städten, nein Ländern, lebt. Zuviel Nähe ist das Schlimmste, der Tod." Und bitte, wie recht er hat! Halten Sie Abstand, nicht nur in der Schlage beim Postamt. Denn rein biologisch gesehen ist das Sehnen ja im Grunde auch das Schönste und Beste und wenn man es geschickt anstellt, sieht man sich so selten, dass sogar nach 15 Jahren die körperliche Vereinigung noch ein einziges unaussprechliches Begehren ist. Noch habe ich nicht so ganz verstanden, was genau bei diesen Distanzbeziehungen das Paar zusammenhält, aber vermutlich reicht einfach die Idee von "da ist irgendwo noch jemand". Und man kann auf seiner To-do-Liste den Punkt "Beziehung" beruhigt abhaken. Erledigt. Uff.

Warum steigen diese Herren eigentlich nicht auf eine "Realdoll" um? Sie könnten ihr ja auch das Gesicht ihrer sie-wissen-noch-nicht-so-genau-aber-vielleicht-doch-schon-Angebeteten verpassen. Oskar Kokoschkas Alma-Puppe ist doch eine wunderbare Inspirationsquelle! Puppen wären auch etwas für die Herren, die gerade inflationär ihre weibliche Umgebung mit der Beschwerde behelligen, dass von Männern ständige Verfügbarkeit verlangt, von Frauen dies aber im Gegenzug nicht erwartet werden könnte. Das sei ungerecht und sie würden es nicht akzeptieren. Meist Männer, die das Wort "Termin" für eine gefährliche Krankheit halten und "Planung" für ein Synonym für "Tod". Vielleicht sollte ihnen mitgeteilt werden, dass Frauen heute nicht mehr zwangsläufig zu Hause sitzen und nur auf die Anrufe von ihnen warten. Eine "Realdoll" wäre da doch eine wunderbare Lösung. Die machen auch keine Karriere, werden von anderen Männern umschwärmt oder sind eigensinnig und unabhängig. Alles ja Dinge, die irgendwie nicht ganz geheuer sind, gell? 

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